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Die Kulturpolitik des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe 1945 – 1986

Bearbeiter: Karl Ditt

Die Geschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in der Zeit der Bundesrepublik ist wenig erforscht und bekannt, nicht einmal Überblicksdarstellungen zu seinen verschiedenen Aufgabenfeldern liegen bislang vor. Dies gilt auch für das Arbeitsfeld mit der größten Öffentlichkeitswirksamkeit: die „Kulturpflege“. Das Projekt zielt darauf, diese Lücke zu füllen und die Entwicklung dieses Aufgabenbereichs seit 1945 zu untersuchen.

Eine solche Untersuchung erscheint aus zwei Perspektiven wünschenswert. Zum einen leistet sie für den Verband eine Bestandsaufnahme und hat damit einen Nutzen für das Selbstverständnis und die Zielsetzungen der Kulturpolitik des LWL: Praktikern kann sie als Dokumentation und Nachschlagewerk zu entsprechenden Daten, Personen, Ereignissen und Entwicklungen dienen. Zum anderen hat die geplante Studie für die Geschichtswissenschaft Pioniercharakter. Sie liefert nicht nur wichtige Erkenntnisse zu den Kulturverhältnissen in der Region. Eine Geschichte der Kulturpolitik des LWL kann auch für die Kulturgeschichte der Bundesrepublik wichtige Bausteine bieten, die bislang nur durch einige wenige Überblickswerke behandelt wurde. Von der geplanten regionalen Fallstudie können beispielhafte Einsichten in den konkreten Verlauf und die Ursachen von nationalen und internationalen Prozessen erwartet werden. Auch Ergänzungen, Bestätigungen oder Relativierungen der herrschenden Meinungen zu Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen des kulturellen Wandels sowie Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Kulturpolitik können erfolgen. Zudem scheint die Arbeit einiger Kulturinstitutionen des LWL den Gang der Entwicklung auf der nationalen Ebene beeinflusst, also überregionale Bedeutung gehabt zu haben.

Um beide Ziele, Verbandsgeschichte sowie Kulturgeschichte Westfalens und der Bundesrepublik, miteinander zu verknüpfen, verfolgt die Arbeit drei problemorientierte Fragekomplexe: Zum Ersten wird nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten gefragt. Einerseits erforderte die kulturelle Öffnung nach Westen in der Nachkriegszeit eine politisch-kulturelle Neuorientierung; andererseits lassen sich inhaltlich und personell zahlreiche Kontinuitäten sowie restaurative Tendenzen ausmachen. Es wird danach gefragt, wie sich der Verband mit seinen kulturellen Grundanschauungen und Zielsetzungen und damit auch mit seiner kulturpolitischen Vergangenheit im Dritten Reich auseinandersetzte und welche ideologischen, organisatorischen und personellen Neuansätze er machte.

Zum Zweiten wird das Verhältnis von Kultur und Verwaltung thematisiert und nach der Methodik der Kulturpolitik des LWL gefragt. Die Kulturpolitik des Verbandes expandierte nach 1945 institutionell, organisatorisch, personell und finanziell beträchtlich. Woher kamen die grundlegenden Ideen und Innovationen zur Weiterentwicklung des Institutionen- und Organisationssystems des LWL? Aus der Verwaltung, aus ihren Institutionen, aus der Politik der Parteien in der Landschaftsversammlung oder aus Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik außerhalb des Verbandes? Damit werden zugleich Grundsatzfragen von Kulturpolitik thematisiert: Wo und wie entstehen Ideen und kulturelle Prozesse? Welche Möglichkeiten, Vor- und Nachteile hat eine öffentliche Verwaltung, die kulturelle Entwicklung anzuregen und zu beeinflussen?

Drittens wird nach dem Verhältnis der Kulturpolitik des LWL zur Kulturpolitik der Städte und des Landes Nordrhein-Westfalen gefragt. Wie behauptete der Verband seinen Wirkungsbereich gegen die Kulturpolitik des Landes? Inwieweit versuchte der LWL den kulturellen Interessen der Kommunen und Kreise in Westfalen entgegenzukommen?

Die restaurierte Maschinenhalle auf der Zeche Zollern. Foto: LWL-Industriemuseum